Der Darm ist weit mehr als nur ein Verdauungsorgan. Er ist das größte Immunorgan des Körpers, beheimatet Billionen von Mikroorganismen und steht über die Darm-Hirn-Achse sogar in direkter Verbindung mit dem Gehirn. Was viele Pferdebesitzer nicht wissen: 70-80% aller Immunzellen befinden sich im Darm!
In diesem umfassenden Ratgeber erfahren Sie, warum Darmgesundheit der Schlüssel zum Wohlbefinden Ihres Pferdes ist, wie Sie eine gestörte Darmflora erkennen und was Sie tun können, um das Mikrobiom Ihres Pferdes optimal zu unterstützen.
Das GALT (Gut-Associated Lymphoid Tissue) ist das größte Immunorgan des Körpers. Darmgesundheit ist daher untrennbar mit dem Wohlbefinden des gesamten Organismus verbunden.
Der Pferdedarm: Ein Wunderwerk der Evolution
Der Verdauungstrakt des Pferdes ist perfekt an seine Rolle als Dauerfresser von rohfaserreichem Futter angepasst. Mit einer Gesamtlänge von 25-30 Metern und einem Fassungsvermögen von bis zu 200 Litern ist er ein beeindruckendes Organ – und zugleich empfindlich gegenüber falscher Fütterung.
Der Verdauungstrakt im Überblick
Magen (8-15 Liter)
Relativ klein für ein so großes Tier. Salzsäure und Pepsin beginnen die Eiweißverdauung. Der Magen sollte nie vollständig leer sein – daher sind Fresspausen über 4 Stunden problematisch.
Dünndarm (16-24m, 40-50 L)
Hier werden Stärke, Zucker, Proteine und Fette verdaut und resorbiert. Die Passage dauert nur 1-2 Stunden – unverdaute Stärke gelangt in den Dickdarm!
Blinddarm (25-35 Liter)
Die erste "Gärkammer". Hier beginnt die mikrobielle Fermentation der Rohfaser. Milliarden Bakterien, Protozoen und Pilze leben hier.
Dickdarm (80-100 Liter)
Die Hauptgärkammer. Bakterien bauen Zellulose ab und produzieren kurzkettige Fettsäuren – die wichtigste Energiequelle des Pferdes (60-70% des Energiebedarfs!).
Das Pferd: Ein "Dickdarm-Fermentierer"
Im Gegensatz zu Wiederkäuern (Vormagen-Fermentierer) findet beim Pferd die mikrobielle Fermentation nach dem Dünndarm statt. Das bedeutet: Das Pferd ist auf eine funktionierende Dickdarm-Fermentation angewiesen – und damit auf eine gesunde Darmflora!
Das Mikrobiom: Billionen unsichtbare Helfer
Das MikrobiomDie Gesamtheit aller Mikroorganismen (Bakterien, Pilze, Protozoen, Viren), die einen Lebensraum besiedeln des Pferdedarms ist ein eigenes Ökosystem von atemberaubender Komplexität. Schätzungsweise 100 Billionen Mikroorganismen leben im Verdauungstrakt – mehr als Zellen im gesamten Pferdekörper!
Das Darm Mikrobiom in Zahlen
100 Billionen
Mikroorganismen besiedeln den Pferdedarm – Bakterien, Protozoen, Pilze und Viren.
1.000+ Arten
Verschiedene Bakterienarten wurden identifiziert. Jedes Pferd hat sein eigenes, einzigartiges Mikrobiom.
2-3 kg
Die Darmbakterien wiegen etwa 2-3 kg – ein beachtlicher Teil des Körpergewichts!
Was leistet das Mikrobiom?
Bakterien fermentieren Rohfaser zu kurzkettigen Fettsäuren (Acetat, Propionat, Butyrat). Diese decken 60-70% des Energiebedarfs des Pferdes!
Immunmodulation
Darmbakterien "trainieren" das Immunsystem und helfen, zwischen harmlosen und schädlichen Substanzen zu unterscheiden.
Eine gesunde Darmflora bildet eine Schutzschicht und verhindert das Eindringen von Krankheitserregern ("Kolonisationsresistenz").
Darmbakterien produzieren B-Vitamine und Vitamin K. Das Pferd ist auf diese mikrobielle Produktion angewiesen.
Bestimmte Bakterien können Toxine abbauen und unschädlich machen – ein wichtiger Schutz vor Vergiftungen.
Darmbakterien produzieren Neurotransmitter wie Serotonin, GABA und Dopamin – mit Einfluss auf Stimmung und Verhalten.
Die wichtigsten Bakteriengruppen
Im gesunden Pferdedarm dominieren bestimmte Bakteriengruppen:
- Firmicutes (z.B. Clostridien, Laktobazillen) – wichtig für die Rohfaser-Fermentation
- Bacteroidetes – bauen komplexe Kohlenhydrate ab
- Fibrobacter – spezialisierte Zellulose-Abbauer
- Verrucomicrobia – produzieren Mucin-abbauende Enzyme
- Proteobacteria – in geringer Zahl normal, Zunahme kann auf Dysbiose hindeuten
Das Verhältnis dieser Gruppen zueinander ist entscheidend für eine gesunde Darmfunktion. Verschiebungen können zu Problemen führen.
GALT: Das größte Immunorgan des Körpers
Warum sitzen ausgerechnet 70-80% aller Immunzellen im Darm? Die Antwort liegt in der besonderen Aufgabe des Darms: Er muss ständig zwischen harmlosen Nahrungsbestandteilen, nützlichen Bakterien und potenziellen Krankheitserregern unterscheiden.
Was ist GALT?
GALT steht für Gut-Associated Lymphoid Tissue (Darm-assoziiertes lymphatisches Gewebe). Es umfasst alle immunologischen Strukturen im Darm: Peyer'sche Plaques, isolierte Lymphfollikel, intraepitheliale Lymphozyten und Plasmazellen in der Darmschleimhaut.
Die Darmoberfläche beträgt durch die Zotten und Mikrovilli etwa 100-150 m² – die größte Kontaktfläche des Körpers zur Außenwelt. Hier muss das Immunsystem wachsam sein.
"Trainingslager" für Immunzellen
Im GALT werden Immunzellen "geschult": Sie lernen, auf Krankheitserreger zu reagieren und gleichzeitig Nahrungsbestandteile zu tolerieren (orale Toleranz).
Im Darm "gelernte" Immunzellen wandern in den gesamten Körper. Die Darmgesundheit beeinflusst daher das gesamte Immunsystem.
Das Mikrobiom und das GALT stehen in ständigem Dialog. Nützliche Bakterien helfen, das Immunsystem zu "kalibrieren" und überschießende Reaktionen zu verhindern.
Die Konsequenz für die Pferdegesundheit
Wenn 70-80% der Immunzellen im Darm sitzen, dann ist eine gestörte Darmflora nicht nur ein Verdauungsproblem – sie kann das gesamte Wohlbefinden des Pferdes beeinträchtigen. Daher ist die Unterstützung der Darmgesundheit so wichtig!
Die Darm-Hirn-Achse: Wie der Darm die Psyche beeinflusst
Der Darm wird manchmal als "zweites Gehirn" bezeichnet – und das nicht ohne Grund. Das enterische NervensystemDas Nervensystem des Magen-Darm-Trakts, auch "Bauchhirn" genannt. Es kann unabhängig vom Gehirn arbeiten. (ENS) im Darm enthält etwa 100 Millionen Nervenzellen – mehr als das Rückenmark!
Die bidirektionale Kommunikation
Die Darm-Hirn-Achse beschreibt die Kommunikation zwischen Darm und Gehirn. Diese verläuft in beide Richtungen:
Darm → Gehirn
- Nervus vagus (Vagusnerv) sendet Signale
- Darmbakterien produzieren Neurotransmitter
- Hormone aus dem Darm beeinflussen das Gehirn
- Immunsignale erreichen das Gehirn
Gehirn → Darm
- Stress beeinflusst Darmmotilität
- Angst kann Durchfall auslösen
- Stresshormone verändern das Mikrobiom
- Nervensignale beeinflussen die Verdauung
Serotonin: Das "Glückshormon" aus dem Darm
Ein faszinierendes Beispiel für die Darm-Hirn-Verbindung ist Serotonin – ein Neurotransmitter, der für Stimmung, Schlaf und Wohlbefinden wichtig ist. Etwa 90% des körpereigenen Serotonins werden im Darm produziert!
Stress und Darm: Ein Teufelskreis
Stress kann die Darmflora negativ beeinflussen – und eine gestörte Darmflora kann wiederum Stress und Verhaltensänderungen begünstigen. Dieser Teufelskreis macht deutlich, warum bei nervösen, ängstlichen oder verhaltensauffälligen Pferden auch immer an den Darm gedacht werden sollte.
Gestörte Darmflora erkennen: Symptome einer Dysbiose
Eine DysbioseEin Ungleichgewicht der Darmflora – das Verhältnis zwischen nützlichen und potenziell schädlichen Bakterien ist gestört bezeichnet ein Ungleichgewicht der Darmflora. Die Symptome können vielfältig sein und sind nicht immer eindeutig dem Darm zuzuordnen.
Mögliche Anzeichen einer Dysbiose
Wässriger Ausfluss vor/nach dem Kot
Mal fest, mal breiig, mal Durchfall
Aufgasung, hörbares "Gluckern"
Ungewöhnlich starker, fauler Geruch
Glanzloses, struppiges Fell
Verminderte Leistung, Antriebslosigkeit
Mäkeliges Fressen, verminderte Aufnahme
Anfälligkeit, langsame Genesung
Wann zum Tierarzt?
Bei folgenden Symptomen sollten Sie umgehend einen Tierarzt konsultieren:
- Anhaltender Durchfall (länger als 24-48 Stunden)
- Koliksymptome (Wälzen, Scharren, zum Bauch schauen)
- Fieber (über 38,5°C)
- Vollständige Futterverweigerung
- Blut im Kot
- Starker Gewichtsverlust
- Apathie und Schwäche
Was schadet der Darmflora?
Die Darmflora ist ein empfindliches Ökosystem, das durch verschiedene Faktoren aus dem Gleichgewicht geraten kann. Zu verstehen, was der Darmflora schadet, ist der erste Schritt zur Prävention.
Antibiotika töten nicht nur Krankheitserreger, sondern auch nützliche Darmbakterien. Wurmkuren können ebenfalls das Mikrobiom beeinflussen. Nach jeder Medikamentengabe sollte die Darmflora unterstützt werden.
Überschüssige Stärke, die im Dünndarm nicht verdaut wird, gelangt in den Dickdarm. Dort fördert sie säurebildende Bakterien und kann zu Übersäuerung (Azidose) und Dysbiose führen.
Die nützlichen Rohfaser-fermentierenden Bakterien brauchen Heu und Gras als Nahrung. Zu wenig Raufutter führt zu ihrem Rückgang und begünstigt problematische Keime.
Stresshormone beeinflussen die Darmflora direkt. Transporte, Stallwechsel, Herdenstress oder Turnierstress können die Darmgesundheit beeinträchtigen.
Pferde sind Dauerfresser. Fresspausen über 4 Stunden führen zu Übersäuerung im Magen und verändern die Fermentationsprozesse im Darm.
Die Darmflora passt sich an das Futter an. Plötzliche Änderungen (z.B. Weidegang im Frühjahr) können zu massiven Störungen führen. Futterumstellungen immer langsam über 10-14 Tage.
Die Stärke Falle
Grundregel: Nicht mehr als 1g Stärke pro kg Körpergewicht pro Mahlzeit füttern. Bei einem 500 kg Pferd sind das maximal 500g Stärke pro Mahlzeit. Wird diese Grenze überschritten, gelangt unverdaute Stärke in den Dickdarm – mit den beschriebenen negativen Folgen.
Beispiel: 1 kg Hafer enthält etwa 400-450g Stärke. 1 kg Gerste etwa 500-550g Stärke.
Darmflora aufbauen: Der richtige Ansatz
Die Regeneration einer gestörten Darmflora ist ein langfristiger Prozess. Es gibt keine "Schnellreparatur" – aber mit dem richtigen Ansatz können Sie die Darmgesundheit Ihres Pferdes gezielt unterstützen.
Die Regenerations-Timeline
Woche 1-2: Akutphase
Erste Anpassungen der Darmflora beginnen. Symptome können anfangs noch bestehen bleiben oder sich kurzzeitig verschlechtern ("Erstverschlimmerung"). Wichtig: Konsequent bleiben!
Woche 3-4: Stabilisierung
Die Bakterienpopulationen beginnen sich zu stabilisieren. Erste Verbesserungen (z.B. Kotkonsistenz) können sichtbar werden. Raufutter bleibt die Basis.
Woche 5-8: Regeneration
Die mikrobielle Vielfalt erholt sich zunehmend. Die Fermentation normalisiert sich. Deutliche Verbesserungen sollten erkennbar sein.
Woche 9-12+: Festigung
Das neue Gleichgewicht festigt sich. Langfristig gesunde Fütterung und Management sind entscheidend für den dauerhaften Erfolg.
Die 5 Säulen der Darmflora Regeneration
Raufutter als Basis
Mindestens 1,5-2 kg Heu pro 100 kg Körpergewicht. Idealerweise rund um die Uhr verfügbar. Rohfaser ist die wichtigste Nahrung für die nützlichen Darmbakterien.
Kraftfutter reduzieren
Stärkeaufnahme minimieren – wenn Kraftfutter nötig, dann kleine Portionen, mehrmals täglich. Getreidefreie Alternativen in Betracht ziehen.
Präbiotika zuführen
Inulin, Pektine, FOS dienen als "Futter" für die nützlichen Bakterien. Natürlich enthalten in Wegwarte, Karotten, Äpfeln. Kräuter können präbiotisch wirken.
Darmkräuter füttern
Bitter- und Gerbstoffkräuter werden in der Phytotherapie traditionell zur Unterstützung der Darmfunktion eingesetzt. Kurweise über 4-6 Wochen.
Stress vermeiden
Stabile Routinen, ruhige Umgebung – Stress beeinflusst die Darmflora negativ. Während der Regenerationsphase möglichst keine Transporte, Stallwechsel etc.
Präbiotika vs. Probiotika
Präbiotika (z.B. Inulin) sind "Futter" für die bereits vorhandenen nützlichen Bakterien. Sie fördern deren Wachstum.
Probiotika sind lebende Mikroorganismen, die dem Darm zugeführt werden (z.B. Milchsäurebakterien).
Beide Ansätze können sinnvoll sein. Präbiotika haben den Vorteil, dass sie die körpereigene Flora fördern. Bei schweren Dysbiosen können auch Probiotika erwogen werden – sprechen Sie mit Ihrem Tierarzt.
Kräuter für die Darmgesundheit
In der traditionellen Phytotherapie werden verschiedene Kräuter zur Unterstützung der Darmfunktion eingesetzt. Besonders Kräuter mit Bitterstoffen und Gerbstoffen haben sich bewährt.
Wegwarte (Cichorium intybus)
Das präbiotische Kraut – besonders wertvoll!
Die Wurzel enthält bis zu 40% Inulin – ein Präbiotikum, das als "Futter" für nützliche Darmbakterien dient. Zusätzlich wertvolle Bitterstoffe. Kann das Wachstum von Bifidobakterien und Laktobazillen fördern.
Andorn (Marrubium vulgare)
Das Bitterstoffkraut.
Enthält bis zu 1% Marrubiin (Diterpen-Bitterstoff). In der traditionellen Pflanzenheilkunde seit Jahrhunderten bei Verdauungsunterstützung eingesetzt. Die Bitterstoffe werden traditionell geschätzt.
Odermennig (Agrimonia eupatoria)
Das Gerbstoffkraut.
Enthält bis zu 10% Gerbstoffe (Tannine) und Flavonoide. Die adstringierenden Eigenschaften der Gerbstoffe werden in der traditionellen Kräuterkunde besonders geschätzt. Klassisches Darmkraut.
Schafgarbe (Achillea millefolium)
Das vielseitige Verdauungskraut.
Enthält ätherisches Öl (Chamazulen), Gerbstoffe und Bitterstoffe. Traditionell bei Verdauungsunterstützung eingesetzt. Vielseitiges Kraut mit breitem Einsatzspektrum in der Kräuterkunde.
Erdrauchkraut (Fumaria officinalis)
Das Leber-Darm-Kraut.
Enthält Alkaloide und Flavonoide. Traditionell zur Unterstützung der Leber-Darm-Achse eingesetzt. Die Leber spielt eine wichtige Rolle für die Darmgesundheit (Gallenproduktion).
Sanikel (Sanicula europaea)
Das traditionelle Darmkraut.
Enthält Saponine, Gerbstoffe und ätherisches Öl. Traditionell bei Verdauungsunterstützung eingesetzt. Ein klassisches Kraut der europäischen Volksmedizin.
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Wann Darmkräuter einsetzen?
- Nach Wurmkuren: 4-6 Wochen zur Unterstützung der Regeneration
- Nach Antibiotika-Gabe: 4-8 Wochen zur Darmflora-Unterstützung
- Bei Kotwasser: Kurweise über 6-8 Wochen
- Nach Futterumstellungen: Begleitend zur Umstellung
- Bei Stress: Transport, Stallwechsel, Turniersaison
- Bei älteren Pferden: Regelmäßige Kuren zur Unterstützung
- Als Herbst-Kur: Zur Vorbereitung auf die kalte Jahreszeit
- Präventiv: 2-3 Kuren pro Jahr zur Pflege der Darmgesundheit
Die richtige Fütterung für eine gesunde Darmflora
Die Fütterung ist der wichtigste Faktor für die Darmgesundheit. Mit der richtigen Fütterung können Sie die Darmflora täglich unterstützen – mit der falschen täglich schädigen.
| Fütterungsprinzip | Empfehlung | Warum? |
|---|---|---|
| Raufutter | 1,5-2 kg/100 kg KGW, rund um die Uhr | Nahrung für Rohfaser-Fermentierer, verhindert Fresspausen |
| Stärke pro Mahlzeit | Max. 1g/kg KGW | Verhindert Stärke-Überlauf in den Dickdarm |
| Kraftfutter-Mahlzeiten | 3-4 kleine statt 1-2 große | Bessere Verdauung, weniger Belastung |
| Fresspausen | Max. 4 Stunden | Verhindert Magenübersäuerung |
| Futterumstellungen | Langsam über 10-14 Tage | Darmflora kann sich anpassen |
| Zucker & Melasse | Minimieren | Fördert unerwünschte Bakterien |
Heu: Das beste "Medikament" für den Darm
Qualitativ hochwertiges Heu ist das wichtigste Futtermittel für eine gesunde Darmflora. Die Rohfaser dient den nützlichen Bakterien als Nahrung, die Kauzeit sorgt für Speichelproduktion (puffert Magensäure), und die kontinuierliche Futteraufnahme entspricht dem natürlichen Fressverhalten.
Tipp: Bei Kotwasser oder Darmproblemen zunächst die Heuqualität überprüfen. Staubiges, schimmeliges oder überaltertes Heu kann selbst Probleme verursachen.
Vorsicht bei Weidegang
Der Anweidevorgang im Frühjahr ist eine kritische Phase für die Darmflora. Das junge, zuckerreiche Gras kann bei zu schneller Umstellung zu massiven Dysbiosen führen.
- Langsam anweiden: Erste Woche nur 15-30 Minuten täglich
- Über 2-3 Wochen langsam steigern
- Vorher ausreichend Heu füttern
- Darmkräuter können begleitend unterstützen
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Warum sitzen 70-80% der Immunzellen im Darm?
Der Darm ist die größte Kontaktfläche des Körpers zur Außenwelt – beim Pferd etwa 100-150 m². Hier muss das Immunsystem ständig zwischen harmlosen Nahrungsbestandteilen, nützlichen Darmbakterien und potenziellen Krankheitserregern unterscheiden. Das GALT (Darm-assoziiertes lymphatisches Gewebe) ist daher das größte Immunorgan des Körpers.
Wie erkenne ich eine gestörte Darmflora beim Pferd?
Mögliche Anzeichen einer gestörten Darmflora sind: Kotwasser oder Durchfall, übelriechender Kot, Blähungen und Aufgasung, wechselnde Kotkonsistenz, stumpfes Fell und schlechter Allgemeinzustand, häufige Infekte oder langsame Genesung, Verhaltensänderungen (z.B. Unruhe, Aggressivität). Bei anhaltenden Problemen sollte immer ein Tierarzt konsultiert werden.
Wie lange dauert es, die Darmflora beim Pferd aufzubauen?
Die Regeneration der Darmflora ist ein langsamer Prozess. Erste Verbesserungen können nach 2-4 Wochen sichtbar sein, eine umfassende Regeneration dauert jedoch 6-12 Wochen oder länger. Nach Antibiotika-Gabe oder schweren Dysbiosen kann die vollständige Erholung mehrere Monate in Anspruch nehmen. Geduld und konsequente Fütterung sind entscheidend.
Welche Kräuter unterstützen die Darmgesundheit beim Pferd?
Traditionell geschätzte Darmkräuter sind: Wegwarte (reich an Inulin – Präbiotikum), Andorn (Bitterstoffe), Odermennig und Schafgarbe (Gerbstoffe), Erdrauch (Leber-Darm-Achse) und Sanikel (traditionelles Darmkraut). Diese Kräuter werden in der Phytotherapie zur Unterstützung der Darmfunktion eingesetzt.
Was ist der Unterschied zwischen Probiotika und Präbiotika?
Probiotika sind lebende Mikroorganismen (z.B. Milchsäurebakterien), die dem Darm zugeführt werden. Präbiotika sind nicht verdaubare Nahrungsbestandteile (z.B. Inulin, FOS), die als "Futter" für die bereits vorhandenen nützlichen Darmbakterien dienen und deren Wachstum fördern. Beide Ansätze können sich ergänzen.
Schadet Kraftfutter der Darmflora?
Zu viel stärkehaltiges Kraftfutter kann problematisch sein: Wird Stärke im Dünndarm nicht vollständig verdaut, gelangt sie in den Dickdarm und wird dort von säurebildenden Bakterien fermentiert. Dies kann zu Übersäuerung und Dysbiose führen. Grundregel: Nicht mehr als 1g Stärke pro kg Körpergewicht pro Mahlzeit. Raufutter sollte immer die Basis der Fütterung sein.
Wann sollte ich die Darmflora meines Pferdes unterstützen?
Besonders sinnvoll ist eine Unterstützung: Nach Wurmkuren oder Antibiotika-Gabe, bei Kotwasser oder Verdauungsproblemen, nach Futterumstellungen, bei Stress (Transport, Stallwechsel), in Zeiten erhöhter Belastung, bei älteren Pferden und als Teil einer Herbst-Kur. Präventiv kann eine kurweise Unterstützung 2-3x jährlich sinnvoll sein.
Gibt es eine Verbindung zwischen Darm und Psyche beim Pferd?
Ja, die sogenannte Darm-Hirn-Achse ist wissenschaftlich belegt. Der Darm enthält ein eigenes Nervensystem (enterisches Nervensystem) mit rund 100 Millionen Nervenzellen. Darmbakterien produzieren Neurotransmitter wie Serotonin, das auch im Gehirn für Stimmung und Wohlbefinden wichtig ist. Stress kann die Darmflora negativ beeinflussen – und umgekehrt.
Quellen & Weiterführende Literatur
Veterinärmedizinische Fachliteratur
- Julliand, V. & Grimm, P. (2017). The Impact of Diet on the Hindgut Microbiome. Journal of Equine Veterinary Science, 52, 23-28. DOI: 10.1016/j.jevs.2017.03.002
- Costa, M.C. & Weese, J.S. (2018). Understanding the Intestinal Microbiome in Health and Disease. Veterinary Clinics of North America: Equine Practice, 34(1), 1-12.
- Dougal, K., et al. (2014). A comparison of the microbiome and the metabolome of different regions of the equine hindgut. FEMS Microbiology Ecology, 82(3), 642-652.
- Willing, B., et al. (2009). Changes in faecal bacteria associated with concentrate and forage-only diets fed to horses in training. Equine Veterinary Journal, 41(9), 908-914.
Mikrobiom & Immunsystem
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- Vighi, G., et al. (2008). Allergy and the gastrointestinal system. Clinical & Experimental Immunology, 153(Suppl 1), 3-6. [Quelle für "70-80% der Immunzellen im Darm"]
- Round, J.L. & Mazmanian, S.K. (2009). The gut microbiota shapes intestinal immune responses during health and disease. Nature Reviews Immunology, 9(5), 313-323.
Phytotherapie & Präbiotika
- Brendieck-Worm, C. & Melzig, M.F. (2021). Phytotherapie in der Tiermedizin. Stuttgart: Thieme Verlag.
- Bühring, U. (2022). Praxis-Lehrbuch Heilpflanzenkunde. 5. Auflage. Stuttgart: Haug Verlag.
- Gibson, G.R. & Roberfroid, M.B. (1995). Dietary modulation of the human colonic microbiota: introducing the concept of prebiotics. The Journal of Nutrition, 125(6), 1401-1412.
- Roberfroid, M.B. (2007). Inulin-type fructans: functional food ingredients. The Journal of Nutrition, 137(11 Suppl), 2493S-2502S.
Pferdespezifische Literatur
- Fritz, C. & Maleh, S. (2020). Zivilisationskrankheiten des Pferdes. Stuttgart: Thieme Verlag.
- Reichling, J., et al. (2016). Heilpflanzenkunde für die Veterinärpraxis. 3. Auflage. Berlin: Springer.
- Coenen, M. & Vervuert, I. (2020). Pferdefütterung. 6. Auflage. Stuttgart: Thieme Verlag.
- Kienzle, E., et al. (2016). Gut health in horses: Are there differences between the hindgut and the foregut? Pferdeheilkunde, 32(4), 346-355.
Online-Ressourcen
- Gesellschaft für Ganzheitliche Tiermedizin e.V. (GGTM): ggtm.de
- European Medicines Agency – Veterinary Medicines: ema.europa.eu
- Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft (DVG): dvg.de
Hinweis zur Quellenarbeit: Die in diesem Artikel dargestellten Informationen basieren auf der genannten Fachliteratur und wissenschaftlichen Erkenntnissen. Die Angabe "70-80% der Immunzellen im Darm" ist wissenschaftlich belegt und bezieht sich auf das GALT (Gut-Associated Lymphoid Tissue). Bei gesundheitlichen Problemen sollte immer ein Tierarzt konsultiert werden.
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