Der ganzheitliche Ratgeber zur degenerativen Gelenkerkrankung – Entstehung, Symptome, Stadien & Management
Schnellantwort: Arthrose ist der chronische Abbau des Gelenkknorpels mit Umbauvorgängen am Knochen. Nicht heilbar, aber der Verlauf kann verlangsamt werden. Hauptursachen: Überlastung, Fehlstellungen, Verletzungen, Alter. Etwa 60% aller chronischen Lahmheiten sind arthrotisch bedingt. Häufigste Formen: Spat (Sprunggelenk), Schale (Krongelenk), Hufrollenentzündung. Früherkennung und konsequentes Management entscheidend!
⚠️ Wichtig: Dieser Ratgeber dient der Information über Arthrose beim Pferd. Er ersetzt NICHT die tierärztliche Diagnose und Behandlung. Arthrose muss immer tierärztlich diagnostiziert werden (Röntgen, klinische Untersuchung). Bei Lahmheit oder Steifheit immer den Tierarzt konsultieren!
Das Wichtigste auf einen Blick
Arthrose ist eine der häufigsten Gelenkerkrankungen beim Pferd – und eine der Hauptursachen für Lahmheiten. Die schlechte Nachricht: Sie ist nicht heilbar. Die gute Nachricht: Mit richtigem Verständnis und Management können betroffene Pferde viele Jahre nutzbar bleiben!
Was du wissen musst:
- Definition: Chronischer, fortschreitender Abbau des Gelenkknorpels
- Häufigkeit: 60% aller chronischen Lahmheiten beim Pferd
- Heilung: Nicht möglich – aber Verlangsamung des Fortschritts!
- Prognose: Mit gutem Management viele gute Jahre möglich
Entscheidend: Je früher erkannt, desto besser die Prognose. Regelmäßige tierärztliche Kontrollen sind essentiell!
Grundlagen: Was ist Arthrose beim Pferd?
Definition & Grundverständnis
Arthrose (Osteoarthrose, Arthrosis deformans) ist eine chronisch fortschreitende, nicht heilbare Gelenkerkrankung. Charakteristisch ist der zunehmende Abbau des Gelenkknorpels mit reaktiven Veränderungen am darunterliegenden Knochen und der Gelenkkapsel.
Was passiert im arthrotischen Gelenk?
- Knorpelabbau: Der Gelenkknorpel wird rau, rissig, dünner und schließlich zerstört
- Knochenbeteiligung: Darunterliegender Knochen reagiert mit Verdichtung (Sklerosierung) und Zubildungen (Osteophyten)
- Kapselveränderungen: Gelenkkapsel verdickt sich, wird fibrotisch
- Entzündung: Chronische niedriggradige Entzündungsprozesse laufen ab
- Erguss: Gelenk schwillt an (Synovialflüssigkeit vermehrt sich)
- Bewegungseinschränkung: Gelenk wird zunehmend steif und schmerzhaft
Warum ist Knorpel so wichtig?
Gelenkknorpel ist das Polster zwischen den Knochen. Er ermöglicht reibungsfreie Bewegung und dämpft Stöße. Knorpel ist 2-4mm dick, glatt wie Glas und extrem gleitfähig (Reibungskoeffizient geringer als Eis auf Eis!). Er besteht zu 70% aus Wasser und aus einer Matrix aus Kollagen und Proteoglykanen.
Das Problem mit Knorpel:
- ❌ Keine Blutgefäße: Nährstoffversorgung NUR durch Diffusion aus Gelenkflüssigkeit
- ❌ Keine Nerven: Knorpelschäden tun nicht weh (erst wenn Knochen betroffen!)
- ❌ Kaum Regeneration: Einmal zerstörter Knorpel wächst nicht nach
- ❌ Langsamer Stoffwechsel: Reparaturprozesse sehr langsam
Deshalb: Prävention ist alles! Ist der Knorpel erst geschädigt, gibt es kein Zurück mehr.
Arthrose vs. Arthritis: Der Unterschied
| Merkmal | Arthrose | Arthritis |
|---|---|---|
| Definition | Degenerative Gelenkerkrankung (Verschleiß) | Entzündliche Gelenkerkrankung |
| Ursache | Mechanischer Knorpelabbau | Infektion, Immunreaktion, Trauma |
| Verlauf | Chronisch, schleichend, progressiv | Akut oder chronisch |
| Entzündung | Niedriggradig, sekundär | Hochgradig, primär |
| Heilbarkeit | Nicht heilbar | Oft heilbar (abhängig von Ursache) |
Wichtig: Bei Arthrose kommt es sekundär auch zu Entzündungen (reaktive Synovitis). Dann spricht man von "aktivierter Arthrose" – einem akuten Schub.
Ursachen: Wie entsteht Arthrose beim Pferd?
Arthrose ist multifaktoriell – meist wirken mehrere Ursachen zusammen. Man unterscheidet primäre und sekundäre Arthrose:
Primäre Arthrose
Primäre Arthrose entsteht ohne erkennbare Ursache, meist durch natürlichen Alterungsprozess. Sie betrifft oft mehrere Gelenke gleichzeitig. Relativ selten beim Pferd – die meisten Fälle sind sekundär.
Sekundäre Arthrose: Die Hauptursachen
1. Überlastung
Die häufigste Ursache!
- Zu frühes/intensives Training
- Zu schwerer Reiter
- Zu viel Springen/intensive Disziplinen
- Einseitige Belastung
- Harte Böden
Problem: Knorpel kann sich nicht schnell genug regenerieren → kumulative Mikroschäden → Arthrose
2. Fehlstellungen
Biomechanisches Problem
- Zu steile oder zu flache Gliedmaßenwinkel
- Zeheneng, zehenweite Stellung
- Unterschiedliche Beinlängen
Problem: Ungleichmäßige Druckverteilung im Gelenk → einseitiger Knorpelabbau
3. Verletzungen
Traumatische Schäden
- Bänderrisse (Instabilität!)
- Meniskusschäden
- Knorpelfrakturen
- Gelenkchips (OCD)
- Durchtrittigkeit
Problem: Direkte Knorpelschädigung und/oder Gelenkinstabilität → sekundäre Arthrose
4. Alter
Natürlicher Verschleiß
- Ab 15 Jahren deutlich häufiger
- Knorpel wird mit dem Alter dünner
- Regenerationsfähigkeit nimmt ab
- Kumulative Mikrotraumata
Aber: Alter ist keine Einbahnstraße! Gut trainierte alte Pferde haben oft gesündere Gelenke als schlecht trainierte junge.
5. Genetik
Vererbbare Faktoren
- Familiäre Häufung bekannt
- Knorpelqualität genetisch mitbestimmt
- Anatomische Prädispositionen
- OCD (Osteochondrosis dissecans)
Rassen: Manche Rassen (z.B. Warmblüter) häufiger betroffen als andere
6. Übergewicht
Mechanische Mehrbelastung
- Jedes kg zu viel belastet Gelenke
- Bei 100kg Übergewicht: 400kg mehr auf Vorderbeine!
- Chronische Überlastung
Plus: Übergewicht fördert systemische Entzündungen (Adipokine)
Weitere Risikofaktoren
- Schlechte Hufbearbeitung: Zu lange Zehen, falsche Winkel → biomechanische Belastung
- Unpassendes Equipment: Schlecht sitzender Sattel → Ausweichbewegungen → Gelenkbelastung
- Entzündungen: Chronische Sehnenentzündungen → Gelenkinstabilität → Arthrose
- Infektionen: Septische Arthritis kann zu schwerer Arthrose führen
- Stoffwechselerkrankungen: EMS, Cushing → erhöhtes Arthrose Risiko
Achtung bei jungen Pferden!
Zu frühes Training ist hochriskant. Vor dem 3. Lebensjahr sind Knochen und Knorpel noch nicht ausgereift. Intensive Belastung in dieser Phase führt fast zwangsläufig zu früher Arthrose!
Empfehlung: Erst ab 3,5-4 Jahren ernsthaft anreiten. Langsam aufbauen. Keine intensiven Lektionen vor dem 6. Lebensjahr.
Verlauf: Die Stadien der Arthrose
Arthrose entwickelt sich schleichend über Monate bis Jahre. Man unterscheidet verschiedene Stadien:
Stadium 1: Frühe Arthrose (oft symptomlos!)
Was passiert: Erste Knorpelschäden auf mikroskopischer Ebene. Knorpel wird weicher, verliert Proteoglykane. Oberflächlich feine Risse. Noch keine sichtbaren Veränderungen im Röntgen!
Symptome:
- Oft noch keine! (Knorpel hat keine Nerven)
- Eventuell leichtes "Einlaufen" nötig
- Ganz subtile Leistungsminderung
- Unwilligkeit bei bestimmten Lektionen
Prognose: In diesem Stadium kann der Prozess noch verlangsamt oder gestoppt werden! Deshalb so wichtig: Früherkennung.
Stadium 2: Moderate Arthrose
Was passiert: Knorpel wird zunehmend rau und rissig. Tiefere Defekte entstehen. Knochen beginnt zu reagieren (erste Sklerosierung). Im Röntgen erste Veränderungen sichtbar: Gelenkspaltverschmälerung, beginnende Osteophyten.
Symptome:
- Deutliches "Einlaufen" notwendig (5-15 Minuten)
- Steifheit morgens oder nach längerem Stehen
- Leistungsabfall wird offensichtlich
- Leichte Lahmheit möglich (1-2/5)
- Gelenk kann leicht verdickt sein
Prognose: Mit Management kann Pferd noch geritten werden. Fortschreiten verlangsambar.
Stadium 3: Fortgeschrittene Arthrose
Was passiert: Knorpel großflächig zerstört, stellenweise bis auf Knochen abgerieben. Knochen massiv umgebaut: Sklerosierung, große Osteophyten, Gelenkspaltverschmälerung. Kapsel stark verdickt. Chronischer Erguss.
Symptome:
- Deutliche Lahmheit (2-3/5), auch nach Aufwärmen
- Sichtbare Gelenkverdickung
- "Einlaufen" hilft kaum noch
- Bewegungsunlust
- Bei Belastung/Kälte verschlimmert
Prognose: Reiten oft nur noch eingeschränkt möglich. Fokus auf Lebensqualität.
Stadium 4: Schwere Arthrose (Endstadium)
Was passiert: Knorpel komplett zerstört. Knochen-auf-Knochen-Reibung. Massive Osteophyten. Gelenk kann versteift sein (Ankylose). Chronischer Schmerz.
Symptome:
- Hochgradige Lahmheit (3-5/5)
- Starke Bewegungseinschränkung
- Dauerhafte Steifheit
- Massive Gelenkverdickung
- Schmerz auch in Ruhe
Prognose: Reiten nicht mehr möglich. Management für Lebensqualität als Beistellpferd. In manchen Fällen Versteifung (Ankylose) → dann paradoxerweise schmerzfrei, aber steif.
Zeitlicher Verlauf
Wie schnell schreitet Arthrose voran? Das ist sehr individuell!
- Ohne Management: Kann innerhalb 1-3 Jahren von Stadium 1 zu Stadium 3 fortschreiten
- Mit optimalem Management: Verlauf kann über Jahre verlangsamt werden
- Einflussfaktoren: Nutzung, Haltung, Gewicht, Bewegung, genetische Faktoren
Die gute Nachricht: Der Verlauf ist NICHT vorherbestimmt! Mit konsequentem Management kann das Fortschreiten massiv verlangsamt werden. Pferde mit Arthrose können bei gutem Management viele Jahre nutzbar bleiben!
Symptome: Wie erkenne ich Arthrose bei meinem Pferd?
Frühe Warnsignale (oft übersehen!)
Arthrose beginnt schleichend. Die ersten Symptome sind subtil und werden oft als "normale Alterserscheinung" oder "Unlust" abgetan. Dabei ist gerade in dieser frühen Phase Handeln am wichtigsten!
Frühe Symptome (Stadium 1-2):
- 🟡 "Einlaufen" nötig: Erste Schritte steif, nach 5-15 Min Aufwärmen besser
- 🟡 Steifheit morgens: Besonders nach Stehen über Nacht
- 🟡 Leistungsabfall: Pferd will nicht mehr so gut wie früher
- 🟡 Unwilligkeit: Verweigert bestimmte Lektionen (z.B. Außengalopp, enge Wendungen)
- 🟡 Taktfehler: Unregelmäßigkeiten im Schritt/Trab
- 🟡 Verhaltensänderungen: Wird "zickig", ungeduldig beim Aufsteigen
- 🟡 Kürzerer Schritt: Trippeliger Gang
- 🟡 Probleme auf hartem Boden: Deutlicher auf Asphalt als auf Sand
Fortgeschrittene Symptome
Späte Symptome (Stadium 3-4):
- 🔴 Deutliche Lahmheit: Auch nach Aufwärmen sichtbar
- 🔴 Gelenkverdickung: Sichtbar und/oder tastbar
- 🔴 Warmes Gelenk: Bei aktivierter Arthrose (Entzündungsschub)
- 🔴 Gelenkerguss: Weiche Schwellung
- 🔴 Bewegungseinschränkung: Gelenk lässt sich nicht mehr voll beugen/strecken
- 🔴 Dauerhafte Steifheit: "Einlaufen" hilft nicht mehr
- 🔴 Schonhaltung: Entlastet betroffenes Bein
- 🔴 Muskelabbau: Durch Schonhaltung
Gelenkspezifische Symptome
| Gelenk | Typische Symptome |
|---|---|
| Sprunggelenk (Spat) | Starkes "Einlaufen" nötig, Hinterhand wird steif geführt, Probleme beim Untertreten, Zehenfußung |
| Krongelenk (Schale) | Ringförmige Verdickung um Kronrand, kurzer steifer Schritt, Berührungsempfindlichkeit |
| Hufgelenk | Stolpern, kurzer Schritt, Zehensfußung, positiver Hufgelenksbeugetest |
| Fesselgelenk | Schwellung oberhalb des Fesselkopfs, Wärme, Lahmheit beim Auffußen |
| Kniegelenk | Schwellung seitlich des Knies, Probleme beim Bergabgehen, Lahmheit verstärkt bei Belastung |
Der "Einlauf Test"
Typisches Arthrose Merkmal: Das Pferd "läuft sich ein" – ist anfangs steif, wird nach 10-20 Minuten Bewegung deutlich besser. Das liegt daran, dass:
- Gelenkschmiere (Synovia) produziert wird → besseres Gleiten
- Muskulatur durchblutet und warm wird → weniger Schmerz
- Endorphine ausgeschüttet werden → natürliche Schmerzlinderung
ABER: "Einlaufen" ist KEIN Freifahrtschein für intensives Training! Es zeigt, dass Arthrose vorliegt und Management nötig ist.
Häufige Arthrose-Formen beim Pferd
Spat (Sprunggelenksarthrose)
Sehr häufig! Besonders bei Spring-, Western- und Dressurpferden.
Betroffene Gelenke: Kleine Sprunggelenke (Tarsus) – v.a. zwischen den Tarsalknochen
Ursachen: Hohe Belastung beim Springen/Stoppen, Fehlstellungen (kuhhessig, fassbeinig), genetische Disposition
Symptome: Starkes Einlaufen, steife Hinterhand, Probleme beim Untertreten, in späten Stadien evtl. Versteifung (dann schmerzfrei aber steif)
→ Detaillierter Ratgeber: Spat beim Pferd
Schale (Krongelenksarthrose)
Häufig bei Fehlstellungen
Betroffene Gelenke: Krongelenk (zwischen Fesselbein und Kronbein)
Ursachen: Fehlstellungen (zeheneng, zehenweit), Überbelastung, schlechte Hufbearbeitung, zu steile Fesselwinkel
Symptome: Ringförmige Verdickung am Kronrand sichtbar/tastbar, kurzer steifer Schritt, Berührungsempfindlichkeit, Lahmheit
Besonderheit: Kann zur Versteifung führen (Ankylose) → dann schmerzfrei
Hufrollenentzündung (Strahlbein Syndrom)
Komplex und schwer zu behandeln
Betroffene Strukturen: Strahlbein, tiefe Beugesehne, Hufgelenk
Ursachen: Chronische Überlastung, zu steile Zehenachse, mangelhafte Durchblutung, genetische Faktoren
Symptome: Zehenfußung, Stolpern, kurzer Schritt, Lahmheit verschlimmert auf hartem Boden, positive Beugeprobe
Prognose: Oft langwierig, gutes Management essenziell
Fesselgelenksarthrose
Oft nach Verletzungen
Betroffene Gelenke: Fesselgelenk (zwischen Röhrbein und Fesselbein)
Ursachen: Bandverletzungen (Instabilität!), Chips, Überbelastung besonders bei Springpferden
Symptome: Schwellung, Wärme, Lahmheit beim Auffußen, Bewegungseinschränkung
Kniegelenksarthrose (Gonarthrose)
Seltener, aber schwerwiegend
Betroffene Gelenke: Kniegelenk (Femoro-Tibial-Gelenk)
Ursachen: Meniskusschäden, Bandverletzungen, OCD, Überlastung
Symptome: Schwellung seitlich, Lahmheit verstärkt bei Belastung, Probleme beim Bergabgehen
Kissing Spines (Wirbelarthrose)
Rückenproblem mit Gelenkbeteiligung
Betroffene Strukturen: Dornfortsätze der Wirbelsäule berühren/reiben sich
Ursachen: Anatomie, schlechte Rückenmuskulatur, unpassender Sattel, Überbelastung
Symptome: Rückenschmerzen, Rittigkeitsprobleme, Senkrücken, Unwilligkeit beim Satteln/Aufsteigen
Diagnose: Wie stellt der Tierarzt Arthrose fest?
Der diagnostische Prozess
1. Vorbericht & Anamnese
- Wann traten Symptome erstmals auf?
- Wie entwickeln sie sich (besser/schlechter/gleich)?
- Wann ist es schlimmer (morgens, nach Belastung, bei Kälte)?
- Nutzung des Pferdes?
- Frühere Verletzungen?
2. Adspektion (Ansehen)
- Pferd im Stand beurteilen: Fehlstellungen? Schonhaltung?
- Muskulatur: Asymmetrien? Atrophien?
- Gelenke: Schwellungen? Verdickungen?
3. Gangbeurteilung
- Im Schritt: Taktstörungen? Kurze Schritte?
- Im Trab: Lahmheit? Taktfehler?
- Auf hartem/weichem Boden
- An der Longe (Wendungen belasten Gelenke!)
- Nach Aufwärmen nochmal: Besser oder schlechter?
4. Palpation (Betasten)
- Gelenke abtasten: Wärme? Schwellung? Schmerzreaktion?
- Beweglichkeit prüfen: Eingeschränkt?
- Sehnen und Bänder prüfen
5. Beugeproben
Beugeprobe: Das Gelenk wird 60-90 Sekunden stark gebeugt (belastet), dann Pferd sofort vortraben. Bei Arthrose oft deutlich schlechter nach der Probe.
ABER: Nicht spezifisch! Positive Beugeprobe kann viele Ursachen haben. Trotzdem hilfreich zur Lokalisation.
6. Diagnostische Anästhesie ("Leitungsanästhesie")
- Gezieltes Ausschalten einzelner Bereiche durch Lokalanästhesie
- Pferd wird nach Betäubung erneut vorgetrabt
- Lahmheit verschwindet? → Schmerzquelle lokalisiert!
- Wichtig zur genauen Zuordnung (welches Gelenk?)
7. Bildgebende Verfahren
| Methode | Was zeigt es? | Wann einsetzen? |
|---|---|---|
| Röntgen | Knochenveränderungen: Osteophyten, Sklerosierung, Gelenkspaltverschmälerung, Chips | Standard! Meist ausreichend für Arthrose Diagnose. Aber: Knorpel nicht sichtbar! |
| Ultraschall | Weichteile: Gelenkkapsel, Bänder, Sehnen, Gelenkerguss | Ergänzung zum Röntgen, besonders bei Weichteilverletzungen |
| Szintigraphie | "Hotspots" – Bereiche erhöhter Knochenaktivität (Entzündung, Umbau) | Wenn Lokalisation unklar. |
| MRT | Knorpel, Knochen, Weichteile detailliert. Frühe Knorpelschäden sichtbar! | Bei unklaren Fällen. Sehr teuer. Nur Klinik. Oft nur für Huf/Fesselbereich. |
| CT | 3D-Darstellung der Knochen, sehr detailliert | Bei komplexen Frakturen, OCD. Klinik. Narkose nötig. |
8. Gelenkpunktion & Laboranalyse
- Entnahme von Gelenkflüssigkeit (Synovia)
- Analyse: Entzündungsmarker, Zellzahl, Viskosität
- Bei aktivierter Arthrose: Erhöhte Proteine, erhöhte Zellzahl
- Wichtig zum Ausschluss septischer Arthritis (Infektion!)
Die Arthrose Diagnose
Arthrose wird diagnostiziert durch:
- ✓ Klinische Symptome (Lahmheit, Steifheit, "Einlaufen")
- ✓ Positive Beugeprobe
- ✓ Positive diagnostische Anästhesie (Lahmheit verschwindet)
- ✓ Röntgenveränderungen (Osteophyten, Gelenkspaltverschmälerung, Sklerose)
Wichtig: Röntgenveränderungen bedeuten nicht automatisch Lahmheit! Manche Pferde haben röntgenologisch hochgradige Arthrose, laufen aber noch gut. Andere haben leichte Veränderungen, aber deutliche Symptome. Die klinische Untersuchung ist entscheidend!
Management:
Die zentrale Botschaft: Arthrose ist nicht heilbar – aber mit gutem Management können betroffene Pferde viele Jahre nutzbar bleiben und ein gutes Leben führen!
Die 5 Säulen des Arthrose Managements
1. Bewegung
Das Wichtigste!
- Regelmäßig, dosiert, angepasst
- Täglich mehrere Stunden freie Bewegung
- Kontrolliertes Training
- Keine Boxenruhe (verschlimmert!)
→ Ratgeber: Training bei Arthrose
2. Gewichtsmanagement
Jedes kg zählt!
- Normalgewicht halten
- Bei Übergewicht langsam abnehmen
- Muskulatur aufbauen
3. Hufbearbeitung
Biomechanik optimieren
- Regelmäßig alle 6-8 Wochen
- Korrekte Zehenrichtung
- Fehlstellungen korrigieren
- Evtl. orthopädischer Beschlag
4. Medikamentöse Therapie
Nach tierärztlicher Anweisung
- NSAIDs bei Schüben
- Intraartikuläre Injektionen
- Chondroprotektiva
- Biologische Therapien
5. Natürliche Unterstützung
Pflanzliche Hilfe
- Traditionelle Arthrose Kräuter
- Antioxidative Unterstützung
- Langfristige Fütterung
→ Produkt: ARTHRO-PLUS
→ Ausführlicher Ratgeber: Ernährung bei Arthrose
Prognose: Was ist realistisch?
Die Prognose hängt von vielen Faktoren ab:
Günstige Faktoren:
- ✓ Früherkennung (Stadium 1-2)
- ✓ Konsequentes Management
- ✓ Normalgewicht
- ✓ Gute Haltung (viel Bewegung)
- ✓ Bestimmte Gelenke (Spat kann versteifen → schmerzfrei)
- ✓ Junges Pferd (mehr Reserven)
Ungünstige Faktoren:
- ✗ Späte Diagnose (Stadium 3-4)
- ✗ Weiterhin Überlastung
- ✗ Übergewicht
- ✗ Boxenhaltung ohne Bewegung
- ✗ Mehrere Gelenke betroffen
- ✗ Begleiterkrankungen
Realistische Erwartungen:
- Mit gutem Management: Viele Jahre nutzbar (Freizeitreiten oft problemlos)
- Sport/Turnier: Abhängig vom Stadium und Disziplin
- Lebensqualität kann sehr gut sein!
- Regelmäßige Kontrollen und Anpassungen nötig
Häufig gestellte Fragen
Was ist Arthrose beim Pferd genau?
Arthrose ist eine nicht heilbare, chronisch fortschreitende Gelenkerkrankung. Der Gelenkknorpel wird zunehmend abgebaut und zerstört. Der darunterliegende Knochen reagiert mit Umbauvorgängen (Zubildungen). Die Gelenkkapsel verdickt sich. Das Gelenk wird zunehmend steif und schmerzhaft. Arthrose schreitet ohne Management unaufhaltsam voran.
Kann Arthrose beim Pferd geheilt werden?
Nein, Arthrose ist nicht heilbar. Einmal zerstörter Knorpel wächst nicht nach, da er keine Blutgefäße hat. ABER: Mit gutem Management kann der Verlauf verlangsamt und die Lebensqualität deutlich verbessert werden. Viele Pferde können mit Arthrose viele Jahre nutzbar bleiben.
Welche Ursachen hat Arthrose beim Pferd?
Hauptursachen: Überlastung (zu frühes/intensives Training, zu schwerer Reiter), Fehlstellungen (X/O-Beine, zu steile/flache Winkel), Verletzungen (Bänder, Meniskus), Alter (natürlicher Verschleiß), genetische Disposition, Übergewicht und schlechte Hufbearbeitung.
In welchem Alter bekommen Pferde Arthrose?
Arthrose kann in jedem Alter auftreten! Bei jungen Pferden meist durch Überlastung, Fehlstellungen oder Verletzungen. Ab 15 Jahren steigt die Häufigkeit deutlich (natürlicher Verschleiß). Etwa 60% aller chronischen Lahmheiten beim Pferd sind arthrotisch bedingt.
Welche Gelenke sind am häufigsten von Arthrose betroffen?
Häufigste Lokalisationen: Sprunggelenk (Spat - sehr häufig bei Spring- und Westernpferden), Krongelenk (Schale), Hufgelenk (Hufrollenentzündung), Fesselgelenk, Kniegelenk und Wirbelgelenke (Kissing Spines).
Wie erkenne ich Arthrose bei meinem Pferd?
Frühe Symptome: "Einlaufen" nötig (erste Schritte steif, nach Aufwärmen besser), Steifheit morgens oder nach Stehen, Leistungsabfall, Unwilligkeit bei bestimmten Lektionen. Späte Symptome: Dauerhafte Lahmheit, sichtbare Gelenkverdickung, Bewegungsunlust, Verhaltensänderungen.
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