
Fellwechsel beim Pferd: Der ultimative Ratgeber
Alles über Winterfell, Sommerfell und die natürliche Unterstützung des Fellwechsels im Herbst & Frühling
Zweimal jährlich durchlaufen Pferde einen intensiven biologischen Prozess: den Fellwechsel. Dieser wird nicht durch Temperatur, sondern durch die Tageslichtdauer gesteuert und fordert den gesamten Organismus – besonders Stoffwechsel und Darm. In diesem umfassenden Ratgeber erfährst du alles über die Mechanismen des Fellwechsels und wie du dein Pferd in beiden Phasen optimal unterstützen kannst.
Grundlagen: Wie funktioniert der Fellwechsel?
Photoperiodismus: Die innere Uhr des Pferdes
Wissenschaftliche Grundlage: Der Fellwechsel wird durch Photoperiodismus gesteuert – die Reaktion auf veränderte Tageslichtdauer. Spezielle Photorezeptoren in der Netzhaut registrieren die Lichtmenge und leiten diese Information an die Zirbeldrüse weiter, die daraufhin die Melatoninproduktion anpasst.
Die hormonelle Kaskade:
- Lichtwahrnehmung: Photorezeptoren in der Retina messen täglich die Helligkeit
- Zirbeldrüse: Produziert Melatonin abhängig von der Dunkelphase
- Hormonelle Anpassung: Melatonin reguliert Prolaktin, das wiederum den Fellwechsel steuert
- Genaktivierung: Spezifische Gene für Winter- oder Sommerfell werden aktiviert
- Haarfollikelzyklus: Anagen (Wachstum), Katagen (Übergang), Telogen (Ruhe) passen sich an
Die zwei Fellwechselzyklen
Phase | Zeitraum | Tageslichtdauer | Ziel | Dauer |
---|---|---|---|---|
Herbstfellwechsel | September - November | Unter 16 Stunden | Dichtes Winterfell | 8-12 Wochen |
Frühlingsfellwechsel | März - Mai | Über 16 Stunden | Leichtes Sommerfell | 8-12 Wochen |
Wichtig zu wissen: Die 16 Stunden Marke ist der kritische Schwellenwert. Sinkt die Tageslichtdauer darunter (ab Ende August), beginnt der Winterfellwechsel. Steigt sie darüber (ab Ende Februar), startet der Sommerfellwechsel. Eindecken oder Stallhaltung ändern nichts an diesem Mechanismus – nur die Lichtmenge zählt!
Herbstfellwechsel: Vom Sommerfell zum Winterfell
Der Aufbau des Winterfells
Zeitlicher Ablauf (September - November)
Besonderheiten des Winterfells
- Zwei-Schicht-System: Dichte Unterwolle (Isolierung) + längeres Deckhaar (Wetterschutz)
- Erhöhte Haardichte: Bis zu 30% mehr Haare pro cm² als im Sommerfell
- Keratin Struktur: Dickere Haarschäfte mit mehr Lufteinschlüssen für bessere Isolation
- Talgproduktion: Erhöhte Sebumproduktion für wasserabweisende Schutzschicht
- Farbanpassung: Winterfell oft etwas heller als Sommerfell
Stoffwechselbelastung im Herbst
Physiologische Veränderungen:
- Leber: Proteinsynthese steigt um bis zu 40% für Keratin Produktion
- Energiebedarf: Erhöht sich um 10-15% während der Hauptphase
- Aminosäuren: Besonders Methionin und Cystein (schwefelhaltig) werden vermehrt benötigt
- Vitamine: Vitamin A, E und Biotin für Haarwachstum essentiell
- Mineralstoffe: Zink, Kupfer, Selen für Keratin Struktur wichtig
Frühjahrsfellwechsel: Vom Winterfell zum Sommerfell
Der Wechsel zum Sommerfell
Zeitlicher Ablauf (März - Mai)
Warum der Frühjahrsfellwechsel oft problematischer ist
Der Frühling ist die kritischere Phase! Hier sind die Gründe:
- Doppelbelastung: Altes Fell abstoßen UND neues aufbauen gleichzeitig
- Mehr Haarmasse: Das dichte Winterfell muss komplett raus – deutlich mehr als beim Herbstwechsel
- Ausscheidungsleistung: Leber und Nieren müssen Stoffwechselprodukte des Haarabbaus bewältigen
- Nährstoffmangel nach Winter: Oft sind Speicher nach dem Winter erschöpft
- Wetterwechsel: Schwankende Temperaturen im Frühjahr (warm/kalt) belasten zusätzlich
- Parasitenbelastung: Gleichzeitig beginnt die Wurm- und Insektensaison
Besonderheiten des Sommerfells
- Ein-Schicht-System: Nur Deckhaar, keine Unterwolle
- Kürzere Haare: 1-2 cm kürzer als Winterfell für besseren Wärmeabtransport
- Glatte Oberfläche: Ermöglicht effektive Schweißverdunstung
- Glänzende Optik: Gesundes Sommerfell hat intensiven Glanz
- Intensivere Farbe: Sommerfell oft dunkler als Winterfell
Die Stoffwechsel-Darm-Achse beim Fellwechsel
Warum Leber und Darm über Fellqualität entscheiden
Das fundamentale Prinzip: Der Fellwechsel ist kein Hautproblem, sondern ein Stoffwechsel Thema! Selbst bei perfekter Fütterung kann nur ein gesundes Stoffwechselsystem diese Nährstoffe verwerten und in Keratin umwandeln.
Die Leber (Produktionszentrale)
Hauptaufgaben beim Fellwechsel:
- Synthetisiert 90% der Plasmaproteine
- Verarbeitet schwefelhaltige Aminosäuren zu Keratin Bausteinen
- Aktiviert Vitamin A für Zelldifferenzierung
- Produziert kontinuierlich Galle (keine Gallenblase beim Pferd!)
- Proteinsynthese ↑ 40% während Fellwechsel
Der Darm (Nährstoff Gatekeeper)
Hauptaufgaben beim Fellwechsel:
- Absorbiert Aminosäuren, Vitamine, Mineralstoffe
- Intakte Schleimhaut = optimale Nährstoffaufnahme
- Mikrobiom synthetisiert B Vitamine und Vitamin K
- 70% aller Immunzellen sitzen im Darm (GALT)
- Bitterstoffe aktivieren Verdauungssäfte ↑ 300%
Die Nieren (Ausscheidungspartner)
Hauptaufgaben beim Fellwechsel:
- Scheiden Stoffwechsel Endprodukte aus (Harnstoff, Harnsäure, Kreatinin)
- Entlasten Leber von Ausscheidungsarbeit
- Regulieren Mineralstoffhaushalt
- Erhöhte Belastung während Proteinsynthese
- Aquaretische Kräuter (Goldrute) unterstützen Funktion
Pferde haben keine Gallenblase – Warum das wichtig ist
Anatomische Besonderheit: Im Gegensatz zu vielen Säugetieren (inkl. Mensch) besitzen Pferde keine Gallenblase zur Gallenspeicherung. Die Leber produziert kontinuierlich Galle, die direkt in den Dünndarm tropft.
Konsequenz für den Fellwechsel: Ohne ausreichende, kontinuierliche Galleproduktion können fettlösliche Vitamine (A, E, K) nur zu 10-20% aufgenommen werden. Diese sind aber essentiell für:
- Vitamin A: Zelldifferenzierung in Haarfollikeln
- Vitamin E: Antioxidativer Schutz bei erhöhtem Stoffwechsel
- Vitamin K: Proteinsynthese
Lösung: Choleretische Kräuter (Mariendistel, Artischocke, Andorn) fördern kontinuierliche Galleproduktion.
Natürliche Unterstützung des Fellwechsels
Die ganzheitliche Herangehensweise
Statt isolierter Nährstoffe: Unterstütze die Stoffwechsel-Darm-Achse! Nur so können zugeführte Nährstoffe auch wirklich im Fell ankommen.
Die 3 Säulen der Fellwechsel Unterstützung
1. Leber & Nieren
Traditionelle Kräuter:
- Mariendistel: Silymarin schützt Hepatozyten, stimuliert Proteinsynthese (+40% Galle)
- Artischocke: Cynarin steigert Gallevolumen (+30% in 30 Min)
- Kurkuma: Potentes Antioxidans, choleretisch (bis +100% Galle)
- Löwenzahn: Cholagog + choleretisch + diuretisch
- Goldrute: Aquaretisch, entlastet Leber durch Nieren Unterstützung
→ LEBERWOHL kombiniert 7 Kräuter synergistisch
2. Darm & Verdauung
Traditionelle Kräuter:
- Andornkraut: Bitterwert 1:20.000! Speichel ↑300%, Magensaft ↑60%
- Wegwarte: Präbiotisches Inulin (40%), Bitterwert 1:5.000
- Sanikelkraut: Allantoin für Schleimhautregeneration
- Schafgarbe: Spasmolytisch, entzündungshemmend
- Erdrauchkraut: Amphoter-choleretisch, reguliert Peristaltik
→ DARMWOHL kombiniert 6 Kräuter synergistisch
3. Grundfutter & Pflege
Basis Maßnahmen:
- Hochwertiges Raufutter: Mindestens 1,5-2kg Heu pro 100kg Körpergewicht
- Ausreichend Wasser: 30-40 Liter täglich, frostfrei im Winter
- Regelmäßiges Bürsten: Fördert Durchblutung, entfernt loses Haar
- Bewegung: Aktiviert Stoffwechsel und Lymphfluss
- Weidegang: Frische Gräser = natürliche Vitamine
Optimales Timing der Unterstützung
Fellwechsel-Phase | Unterstützung starten | Dauer | Fokus |
---|---|---|---|
Herbst (Winterfell) | Ende August / Anfang September | 8-12 Wochen | Leber + Darm für Aufbau |
Frühling (Sommerfell) | Ende Februar / Anfang März | 8-12 Wochen | Leber + Darm + Nieren für Ausleitung |
Wichtig: Beginne die Unterstützung 2-4 Wochen VOR dem sichtbaren Fellwechsel! So kann sich der Stoffwechsel rechtzeitig vorbereiten und optimal arbeiten.
Probleme beim Fellwechsel erkennen & lösen
Häufige Anzeichen für Probleme
⚠️ Verzögerter Fellwechsel
Anzeichen:
- Winterfell bleibt bis Juni/Juli
- Lückenhaft, ungleichmäßiger Wechsel
- Fell wächst sehr langsam nach
Mögliche Ursachen:
- Cushing Syndrom (PPID)
- Schilddrüsen Unterfunktion
- Chronische Leberbelastung
- Schwere Nährstoffmängel
→ Tierarzt konsultieren!
⚠️ Stumpfes, glanzloses Fell
Anzeichen:
- Mattes, stumpfes Fell trotz Pflege
- Fehlender Glanz im Sommerfell
- Raue, trockene Haarstruktur
Mögliche Ursachen:
- Mangel an Omega-3-Fettsäuren
- Gestörte Galleproduktion
- Zink- oder Kupfermangel
- Parasiten (Würmer)
→ Stoffwechsel-Darm-Achse unterstützen
⚠️ Gewichtsverlust
Anzeichen:
- Deutlicher Gewichtsverlust trotz ausreichend Futter
- Müdigkeit, Antriebslosigkeit
- Erhöhte Infektanfälligkeit
Mögliche Ursachen:
- Energiebedarf nicht gedeckt
- Malabsorption (Darmprobleme)
- Chronische Erkrankung
- Zahnprobleme
→ Fütterung anpassen + Tierarzt
Wann zum Tierarzt?
Sofort tierärztliche Abklärung bei:
- Fellwechsel dauert länger als 16 Wochen
- Deutlicher Gewichtsverlust (mehr als 10%)
- Apathie, Fressunlust, Fieber
- Hautveränderungen, kahle Stellen, Juckreiz
- Ältere Pferde (ab 15 Jahre) mit verzögertem Fellwechsel → Cushing Test!
- Kolik Symptome, Durchfall, schwerer Kot
Häufig gestellte Fragen
Wie oft wechselt ein Pferd sein Fell?
Pferde wechseln zweimal jährlich ihr Fell: Im Herbst (September-November) vom Sommerfell zum dichten Winterfell und im Frühling (März-Mai) vom Winterfell zum leichten Sommerfell. Beide Phasen dauern jeweils 8-12 Wochen.
Was löst den Fellwechsel beim Pferd aus?
Der Fellwechsel wird durch Photoperiodismus ausgelöst – die Veränderung der Tageslichtdauer. Bei unter 16 Stunden Tageslicht (Herbst) beginnt der Wechsel zum Winterfell, bei über 16 Stunden (Frühling) der Wechsel zum Sommerfell. Die Temperatur spielt dabei keine primäre Rolle.
Wie lange dauert der Fellwechsel beim Pferd?
Der komplette Fellwechsel dauert 8-12 Wochen. Der Herbstfellwechsel beginnt meist Ende August/Anfang September und ist im November abgeschlossen. Der Frühlingsfellwechsel startet Ende Februar/Anfang März und endet im Mai.
Warum ist der Fellwechsel so anstrengend für Pferde?
Der Fellwechsel fordert den Stoffwechsel massiv: Die Leber steigert die Proteinsynthese um bis zu 40% für die Keratin Produktion. Gleichzeitig muss der Darm mehr Nährstoffe aufnehmen und die Nieren Stoffwechsel Endprodukte ausscheiden. Diese Mehrbelastung kann bei Pferden zu Müdigkeit, Gewichtsverlust und erhöhter Infektanfälligkeit führen.
Wann sollte ich mit der Unterstützung beginnen?
Beginne die Unterstützung 2-4 Wochen VOR dem sichtbaren Fellwechsel: Für Winterfell Ende August/Anfang September, für Sommerfell Ende Februar/Anfang März. So kann sich der Stoffwechsel rechtzeitig vorbereiten.
Welche Rolle spielt die Leber beim Fellwechsel?
Die Leber synthetisiert 90% der Plasmaproteine und ist zentral für Keratin Bildung. Sie verwertet schwefelhaltige Aminosäuren (Methionin, Cystein) und produziert kontinuierlich Galle für die Aufnahme fettlöslicher Vitamine. Ohne optimale Leberfunktion kann kein dichtes, glänzendes Fell entstehen.
Hilft Eindecken beim Fellwechsel?
Eindecken verhindert oder verzögert den Fellwechsel NICHT. Jedoch kann es die Dichte und Länge des Fells reduzieren. Der Fellwechsel wird ausschließlich durch Tageslichtdauer gesteuert, nicht durch Temperatur. Eindecken kann auch sinnvoll sein, wenn das Winterfell bereits da ist und das Pferd geschoren wurde oder bei kranken/alten Pferden.
Soll ich mein Pferd während des Fellwechsels scheren?
Das kommt darauf an: Bei Sportpferden in intensivem Training kann Scheren sinnvoll sein, um übermäßiges Schwitzen zu vermeiden. Bei Freizeitpferden ist es meist nicht nötig. Wichtig: Geschorene Pferde brauchen eine Decke und sollten nicht ungeschützt in der Kälte stehen.
Kann ich den Fellwechsel beschleunigen?
Den natürlichen Ablauf kann man nicht beschleunigen, aber optimal unterstützen durch: Stoffwechsel-Darm-Achse stärken (Kräuter), ausreichend gutes Heu füttern, regelmäßiges Bürsten (fördert Durchblutung), Bewegung (aktiviert Lymphfluss). So verläuft der Fellwechsel reibungsloser.
Warum haart mein Pferd im Sommer noch?
Leichtes Haaren im Sommer ist normal – Pferde verlieren kontinuierlich alte Haare. Starkes Haaren außerhalb der Fellwechselphasen kann aber auf Probleme hinweisen: Parasitenbefall, Nährstoffmängel, Stress, hormonelle Störungen. Bei Unsicherheit Tierarzt konsultieren.
Weiterführende Artikel: Winterfell beim Pferd: Warum Leber & Darm über Fellqualität entscheiden – Votana Pferd
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Wichtiger Hinweis: Dieser Artikel dient der Information über natürliche Unterstützung des Fellwechsels. Bei bestehenden Erkrankungen oder anhaltenden Problemen konsultiere immer deinen Tierarzt.
Wissenschaftliche Quellen & Literatur
Phytotherapie & Kräuter:
- European Medicines Agency (EMA) – Herbal Monographs (Mariendistel, Artischocke, Andorn, Löwenzahn, Schafgarbe, Goldrute)
- Flora, K., et al. (2007): "Milk Thistle (Silybum marianum) for the therapy of liver disease", Phytotherapy Research
- Bundy, R., et al. (2008): "Artichoke leaf extract reduces symptoms of irritable bowel syndrome", Phytomedicine
- Schlemper, V., et al. (1996): "Antispasmodic effects of Marrubium vulgare", Planta Medica
- Wynn, S. G. & Fougère, B. (2007): "Veterinary Herbal Medicine", Mosby Elsevier
Pferdefütterung & Stoffwechsel:
- Meyer, H. & Coenen, M. (2014): "Pferdefütterung", 5. Auflage, Enke Verlag
- Kienzle, E. & Zehnder, C. (2018): "Verdauungsphysiologie des Pferdes", Nutztierpraxis Aktuell
Fellwechsel & Photoperiodismus:
- Piccione, G., et al. (2005): "Influence of natural and artificial photoperiod on hormone concentrations in horses", Journal of Applied Animal Research
- Gentry, L., et al. (2002): "Effects of photoperiod on coat characteristics and hormone concentrations in thoroughbred mares", Journal of Animal Science
Cushing & Endokrinologie:
- McGowan, C. M., et al. (2013): "Equine Pituitary Pars Intermedia Dysfunction", The Veterinary Journal
- Durham, A. E., et al. (2014): "PPID: Diagnosis and Treatment", Equine Veterinary Education
Bitterstoffe & T2R-Rezeptoren:
- Chandrashekar, J., et al. (2000): "T2Rs function as bitter taste receptors", Cell
- Behrens, M. & Meyerhof, W. (2011): "Gustatory and extragustatory functions of mammalian taste receptors", Physiology & Behavior